Existenzanalyse
Was bedeutet „die Existenz analysieren“?

„Existere“ meint „sich erheben, über sich hinaus wachsen“. In der Existenzanalyse wird der Mensch nicht in erster Linie als Ergebnis innerpsychischer Prozesse oder Einflüsse aus der Umwelt angesehen. Er ist ein Wesen, das sich über die Psychodynamik oder das soziale/materielle Gebundensein erhebt, um das ihm Wesentliche und Wertvolle zu leben. Dann erlebt er sein Dasein als erfüllt.

Menschen wollen und können trotz aller Beschränkungen ihrem Leben die eigene Gestalt geben.

Hierfür ist es wichtig, dass sie verstehen, was sie begrenzt und verwurzelt, um auch zu erfahren, was sie erweitert und beflügelt. Die Grundhaltung ist getragen von einer Achtung vor der Würde, Einmaligkeit, Einzigartigkeit und Entwicklungs- und Sinnstrebigkeit der Person. Wenn der Mensch sich einlässt auf Gefühle und Erfahrungen und wenn er sich engagiert für das, was ihm wichtig ist, dann findet er zur Erfüllung und begegnet auch anderen in ihrem Wesen. Er – oder sie – entdeckt sich und die Welt.

Ziel ist es, der Person zu einem (geistig-emotional) freien Erleben, zu authentischen Stellungnahmen und zu einem eigenverantwortlichen Umgang mit sich selbst und mit ihrer Welt zu verhelfen (Prozessmodell). Um zu einem erfüllten Erleben und Handeln zu kommen, ist oft eine vorbereitend ressourcenorientierte oder aufarbeitend heilende Arbeit an den existenziellen Fundamentalstrebungen, die den Menschen bewegen, notwendig (Strukturmodell).

Existenzanalyse ist heute eine phänomenologisch orientierte Psychotherapie-Methode auf Basis personal-existentieller Grundmotivationen des Menschen und korrespondierender Psychopathologie. Sie verfügt über rund ein Dutzend Methoden, die wichtigste Methode ist die Personale Existenzanalyse (PEA). Ihr Ziel ist es, dem Menschen zu helfen, mit „innerer Zustimmung leben zu können“ (Längle). Ihre Vorgehensweise ist erlebensorientiert, nicht interpretierend; es geht ihr mehr um ein Verstehen als um ein Erklären. Ihren Ausgangspunkt hat die Existenzanalyse in der Logotherapie Viktor E. Frankls genommen und als Psychotherapie in ihrer heutigen Form eine Neubegründung mit den Konzepten des Prozess- und Strukturmodells von Alfried Längle sowie weiterer Entwicklungen gefunden.

Was ist „Logo-Therapie“?

„Logos“ heißt nicht nur „Wort“ oder „Sprache“, sondern auch „Sinn“. Die Logotherapie ist also eine sinnorientierte Beratungs- und Behandlungsmethode (logos = Sinn). Sie gibt Anleitung und Hilfestellung bei Krisensituationen und längeren Belastungen oder Desorientierung.
Immer schon versuchte der Mensch, dem Sinn seines Lebens nachzugehen, es existenziell zu vertiefen. Die Frustration dieses Verlangens, sein Leben in einem größeren Zusammenhang zu verstehen, ist zum Symptom unserer Zeit geworden. V.E. Frankl (1905-1997) nennt diese Zeitkrankheit existenzielles Vakuum – heute erkennen wir das Phänomen in Symptomen wie Burnout, Boreout, innere Leere, Vermeidungsverhalten, Verweigerung, Sucht. In der Tiefe finden wir als BeraterInnen und PsychotherapeutInnen immer eine Sehnsucht nach Wertvollem, die verschüttet, verformt oder überlagert wurde und, sobald sie angesprochen und genährt ist, Reifungsprozesse initiieren kann, die über Reparaturmaßnahmen weit hinausgehen.